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Spielen

Die Geschichte des Spielens

 

Brett- und Gesellschaftsspiele im Wandel der Zeit

Das Spielen ist so alt wie die Menschheit selbst und ist tief in unserer Psyche verankert. Kinder erkunden spielend die Welt und ihr angeborener Spieltrieb ist ein sehr wichtiger Motor ihrer gesunden Entwicklung. Doch auch Erwachsene werden nie zu alt zum Spielen, auch wenn oftmals Sachzwänge, Routinen und soziale Erwartungen dagegen arbeiten.

File:Royal game of Ur,at the British Museum.jpg - Wikimedia Commons
Königsspiel von Ur

Sozial- und kulturgeschichtlich weisen Funde von alten Brettspielen und Aufzeichnungen darauf hin, dass es sich beim Spiel um eine der frühesten kulturellen Äußerungen des Menschen handelt.

So fand man beispielsweise in Königsgräbern in Ur (Chaldäa) kunstvoll gearbeitete Spielbretter von 2.800 vor Christus. Diese waren als Grabbeigaben bei den Gebrauchsdingen des Alltags vor der eigentlichen Grabkammer gelagert und deuten darauf hin, dass das Spielen damals nicht an Stände und auch nicht an die Kindheit gebunden war. Dieses so genannte “Königsspiel von Ur” war bis in die Spätantike hinein in allen Schichten der Gesellschaft beliebt. Die Spielregeln wurden inzwischen von Irving Finkel, einem Spielexperten des Britischen Museums entschlüsselt.

Senet — Wikipédia

Ebenfalls in Ägypten wurde 2006 ein Senet-Spiel von 1500 v. Christus ausgegraben, es gilt als Vorläufer unseres heute noch beliebten Backgammon Spiels und symbolisiert den Weg der Seele, es ist auf zahllosen Abbildungen und Beschreibungen dokumentiert und dem Anschein nach noch älter und weiter verbreitet als das Königsspiel.

Senet: O jogo de tabuleiro do Antigo Egito – Monolito Nimbus
Nofretete beim Senet Spiel

Spiel und Mythos waren in diesen frühen Spielen eng miteinander verknüpft und das blieb bis ins Mittelalter bestehen. Eines der ältesten ägyptischen Spielpläne in Form einer Schlange zeigt den Weg zur Glücksseligkeit im Jenseits und bildet damit den Urtyp unserer späteren Gänse- und Würfelspiele.

Ein im Altertum sehr beliebtes Spiel war das “Fingerraten”,das gänzlich ohne Spielbrett auskommt. Eine Version davon wird heute noch in Italien als Morraspiel gespielt, dabei handelt es sich um eine frühe Form von Schere, Stein, Papier.

Auch bei den alten Griechen finden sich viele Hinweise auf eine frühe Spielkultur, eine Amphore von 530 v.Chr. zeigt Achill und Ajax bei einem Brettspiel. Lange Zeit hielt sich die Legende, die Griechen hätten das Schachspiel erfunden, doch dieser Spielklassiker findet seinen Ursprung in Indien des 4. Jahrhunderts als Chaturanga“(von persisch Schah für König).An Introduction to Ancient Greek Vase Painting

Die sogenannten Astragale, ein Vorläufer des Würfels aus den Fußknöcheln von Tieren, erfreute sich ebenfalls bei den Griechen großer Beliebtheit. Diese wurden von den Römern, insbesondere den Legionären, übernommen. Rund um die Kastelle wurden viele Astragale bei Ausgrabungen gefunden. Zunächst wurden damit anscheinend Geschicklichkeitsspiele gespielt, wie sie auch heute noch in afrikanischen Ländern verbreitet sind: Die Knochen werden nach oben geworfen und müssen mit dem Handrücken wieder aufgefangen werden. Dann ging man jedoch dazu über, Zahlen auf die Knochen zu schreiben und sie als Würfel im Glücksspiel zu benutzen.Bikkelspel - Wikipedia

Vor allem die Alten Germanen waren wohl vom Glücksspiel begeistert und verpfändeten nicht selten Haus, Hof oder ihre Freiheit. Das Glück im Spiel galt als Liebe und Segen der Götter, wer daher kein Glück im Spiel hatte, war ohnehin vom Segen der Götter verlassen.

Spielkarte – Wikipedia
chinesische Spielkarte um 1400

Eine weitere große Erfindung in der Geschichte des Spiels waren die Spielkarten, die frühesten Spielkarten finden sich im 12. Jahrhundert in Korea und China, diese wurden wahrscheinlich zum Glücksspiel und noch nicht zum Kombinationsspiel benutzt.

In Europa nahmen die Spielkarten ungefähr 1376 in einem italienischen Hafen ihren Anfang und verbreiteten sich von dort aus rasant. Das Spielfieber, das sie auslösten, war allerdings von der Obrigkeit oftmals nicht gerne gesehen und so folgten zahlreiche Verbote wie z.B. 1377 in Florenz, 1377 in Basel und 1380 in Nürnberg. Dabei ging es vorwiegend um das Eindämmen der sich schnell verbreitenden Spielschulden, wobei Würfelspiele noch strenger Reglementiert wurden als Kartenspiele.

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Johannes Capistranus

Aber auch die Kirche wetterte gegen die Karten und hob den moralischen Zeigefinger: Das Spielen führe ab vom Weg der Tugend und der Arbeit.

Bußprediger zogen durch das Land, vor allem einige fanatische Mönche wie Bernhardin von Siena (1380–1444), Johannes Capistranus (1386–1456) und auch Girolamo Savonarola (1452–1498) versuchten dem Spielen Einhalt zu gebieten und ging sogar so weit, öffentlich auf Scheiterhaufen Spielkarten und Spielbrettern zu verbrennen – auf vielen Gemälden dieser Zeit sind diese festgehalten.

Doch nicht alle kirchlichen Oberhäupter lehnten das Spielen ab, so ist beispielsweise von Martin Luther überliefert, dass er dem Wurfzabelspiel sehr zugetan war und es gerne mit seiner Frau und seinen Freunden spielte. Das Wurfzabelspiel ist eine Variante des Backgammon-Spielbrettes und wird unter dem Namen portes heute noch in Griechenland gespielt. Es verbreitete sich durch die Kreuzzüge in ganz Europa und wurde schnell zum beliebtesten Brettspiel in vielen Ländern.

In der Zeit des Barock und der Aufklärung erfuhr das Spiel eine wahre Blütezeit, Einwirkungen der Künste wie Malerei und Architektur waren auch in den Spielen zu sehen.Spielen

Gesellschaftsspiele wie “Blinde Kuh” waren beliebt, die Adligen an den Höfen vertrieben sich die Zeit gerne mit Ballspielen und Verstecken. Auch Kartenspiele waren weiterhin sehr beliebt, im 18 .Jahrhundert trat ein neues Kartenspiel aus Spanien seinen Siegeszug an. hombre wurde sowohl am Hof, als auch in den bürgerlich-intellektuellen Salons gespielt, es kann als Vorläufer des Bridge angesehen werden und eroberte die europäischen Spieltische im nu.

Um 1900 wurde in Deutschland eine breite Spielkultur gepflegt. Im öffentlichen Raum der Salons, Kaffeehäuser und Kneipen wurden vor allem Kartenspiele gespielt, in ländlichen Gegenden meist traditionelle Spiele wie Binokel, Geigel, Schafskopf oder Tarock. In Städten dagegen überwogen die kosmopolitischen Spiele wie Whist, Bridge und vor allem Schach. Allerdings nur unter der männlichen Bevölkerung, die damaligen Anstandsregeln untersagten Damen das Karten- oder Brettspiel an öffentlichen Orten.

Nur Domino war nach diesen Regeln gestattet und so sind aus dieser Zeit besonders viele Domino-Varianten überliefert– allerdings war die Damenwelt listig und übertrug einfach viele Kartenspiele auf die gepunkteten Steine. Sogar gepokert werden konnte damit! File:Domino game.JPG - Wikimedia Commons

Im häuslichen Raum wurden Brettspiele zu einem Symbol der bürgerlichen Idylle.

Einfache Würfel-Lauf-Spiele, vor allem der Firma Meggendorf, hielten Einzug in deutsche Wohnzimmer und wurden mit den Kindern gespielt, mit älteren Kindern oder unter den Eheleuten vor allem Halma oder das neue Modespiel der Jahrhundertwende Salta. Salta war so beliebt, dass sogar Spielpartien in der Zeitung abgedruckt wurden und es eine eigene Zeitschrift für Salta gab.

File:Salta-Brett-Schachtel.jpg

Allerdings setzte der Ausbruch des 1. Weltkrieges der Salta Spielfreude ein jähes Ende, auch später konnte die Begeisterung für Salta nicht mehr neu entfacht werden.

Monopoly blühte in der Weltwirtschaftskrise der 20er Jahre zu einem der weltweit erfolgreichsten Spiele auf, erlitt allerdings in Deutschland einen Fehlstart.

Der Spielkonzern Parker brachte das Spiel 1936 in Deutschland auf den Markt, wohl um sich bei den Machthabern einzuschmeicheln, hatte die deutsche Spielversion Berliner Straßennamen und wies Schwanenwerder, in dem hauptsächlich der nationalsozialistische “Adel” wohnte als Nobelviertel aus. Goebbels fühlte sich brüskiert und verbot den Verkauf, erst 20 Jahre später wurde Monopoly in Deutschland wieder verkauft, allerdings nur in Westdeutschland.

Der 2. Weltkrieg brachte einen Bruch in die deutsche Spielkultur, mit dem Kriegsende begann eine Zeit, in der Spielen als “kindisch” und als Zeitverschwendung galt. Schon im faschistischen Regime des 3. Reiches wurde das Spiel korrumpiert und in den Dienst der Ideologie gestellt, nun wird das Spielen weithin abgelehnt.

Die Pädagogik lieferte den nötigen Unterbau und erkläret die Spielphase des Kindes mit Eintritt in die Pubertät als abgeschlossen. In den 50er und 60er Jahre wurde auch bei Kindern das Spielen zusehends reglementiert, mithilfe von Lernspiele sollte das Spielen “effektiver” gestaltet werden und einen Mehrwert für das spätere Leben bieten.Aufmerksam im Straßenverkehr :: Museum für Stadtgeschichte Templin ...

Erst Mitte der 60er Jahre begann man in Deutschland wieder mehr zu spielen. Die neu aus Amerika stammenden strategischen und taktischen 3M Spiele zogen auch vermehrt Erwachsene zurück an den Spieltisch. Auch deutsche Firmen sprangen auf die neu entstandene Spielwelle auf und brachten eine große Menge neuer Brettspiele auf den Markt.

Ende der 70er, Anfang der 80er begann die erste Welle der elektronisch gesteuerten Spiele, die per Mikrochip funktionierten. Kulturpessimisten sagten den Untergang der Brett- und Tischspielkultur voraus, doch stattdessen boomten die traditionellen Spielformen und hatten hohe Zuwachsraten.

Erst mit dem Aufkommen des Nintendo Game Boys 1989 erlebten die elektronischen Spiele einen kometenhaften Aufstieg. Immer neue Spielkonsolen mit immer besserer Technik und Graphik drängten seither auf den Markt, ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen.Original GameBoy | Such an iconic design. I think it may be … | Flickr

Das Internet ermöglichte seit seinem Einzug in die deutschen Wohnzimmer neue Dimensionen des Spiels. Durch online Spiele “begegnen” sich Spieler der ganzen Welt im digitalen Raum, Spiele, die in der Virtual Reality stattfinden, kommen mehr und mehr auf den Markt.

Doch auch der Brettspielmarkt nimmt kontinuierlich zu. Viele Spielezeitschriften, Kolumnen in der Zeitung, Spiele-Blogs und online Rezensionen von Brettspielen spiegeln die Beliebtheit von Brettspielen wider.

Über Crowdfunding werden zunehmend mehr unabhängige Spiele produziert, die jede Nische der Brettspielleidenschaft abdecken und auch das verwöhnteste Spielerherz höher schlagen lassen.

Die Spielemessen, Conventions und Spieltage, insbesondere die Spielemesse in Essen ziehen tausende von Besuchern in ihren Bann – Brettspiele sind beliebter denn je und eine Umkehr dieses Trends ist nicht in Sicht.