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„Der Mann vom Sirius“ – Stockhausen mal anders
Graphic Novel über den Komponisten Stockhausen
Der Komponist Stockhausen dürfte für die meisten Menschen ein Begriff sein und doch so abstrakt und unnahbar wie dessen gewaltige Neue Musik, die in die Mitten der 50er-Jahre platzte.
Dissonant, radikal – eine Musik wie aus einer anderen Welt. Doch der eben erschienene Comicband „der Mann vom Sirius“(Carlsen Comics,392 Seiten) nähert sich dem bedeutenden Avantgarde Komponisten aus dem 20. Jahrhunderts auf ganz spezielle und persönliche Art und Weise.
Thomas von Steinaecker, Schriftsteller und Filmemacher (sein Werner Herzog Portrait „Radical Dreamer“ läuft derzeit im Kino), erzählt autobiografisch von seiner Faszination, die Stockhausen seit seiner Jugend auf ihn ausübte.
Der Comic beginnt 1989 in der bayrischen Provinz im Viechtal, wo der damals 12 jährige Thomas behütet in einer bürgerlichen und kulturell interessierten Familie aufwächst. Filme, Musik und Bücher bieten die hauptsächliche Abwechslung von der dörflichen Langeweile seiner idyllischen Sommerferien.
Als dann sein Vater eines Tages ihm und seinem Bruder eine Platte der Deutschen Grammophon Gesellschaft mit Stockhausens frühem „Gesang der Jünglinge“ vorspielt, geschieht plötzlich etwas Unvorhergesehenes.
Zunächst biegen sich die Brüder vor Lachen – so etwas Bescheuertes haben sie noch nie gehört! Doch dann ergreift eine eigentümliche Faszination Besitz von ihnen. Zum Unverständnis ihrer Umgebung können sie nicht genug bekommen. Sie beginnen in die Musik, ja den Kosmos Stockhausens einzutauchen, hören weitere Platten und nehmen sich schließlich auch seine Biografie zur Brust.
In diesem Moment blendet der Comic zur Lebensgeschichte Stockhausens über. Angefangen 1928 mit seinem Aufwachsen im „Dritten Reich“ (sein Vater, Lehrer und Nazi, seine Mutter psychisch krank und 1941 in einer „Heil- und Pflegeanstalt“ ermordet) über seine traumatischen Erlebnisse als minderjähriger Sanitäter im Lazarett am Ende des 2. Weltkrieges spannt sich der Bogen weiter zu spirituellen Erfahrungen in Kathedralen.
Ein Musikstudium in Köln und Paris schließt sich an, gepaart mit Bibellektüre, Mystik und der Erfahrung, Außenseiter zu sein. 1956 dann der große Durchbruch! Die Aufführung „Die Jünglinge“ wird zugleich bejubelt und ausgebuht; Stockhausens internationale Karriere beginnt.
Auch die düstereren Seiten Stockhausens werden dabei nicht ausgespart, wie z. B. seine ausgeprägte Egozentrik, unter der seine persönlichen Beziehungen leiden. Er sieht sich als eine Art Messias, der durch seine Musik die „göttliche Ordnung“ widerspiegelt und davon ausgeht, dass „solche Musik die Menschen verwandeln“…“und eine bessere Gesellschaft hervorbringen“ würde.
Der monumentale, beinahe 400 Seiten starke Comic-Band endet im Sommer 1989. Zu dieser Zeit ist Stockhausen bereits aus dem Licht der Öffentlichkeit verschwunden. Er ist Kult, Mythos und – zumindest für die Steineacker Jungs – musikalischer Messias.
Die Familie Steinaecker plant einen Besuch in Wien. Dort wird es eine Stockhausen Aufführung in Anwesenheit des Komponisten geben.
Der bereits erwartete 2. Band der Graphic Novel soll an dieser Stelle anschließen und die Geschichte fortführen.
Nicht weniger als 7 Jahre haben Thomas von Steinaecker und der Zeichner David von Bassewitz an diesem mitreißenden und ungewöhnlichen Werk gearbeitet – es gilt als eines der besten 2022 erschienenen Comics.
Bassewitz visualisiert dabei in seinen Zeichnungen die abstrakte, dissonante Musik Stockhausens in einem faszinierenden Wirbel aus Bild, Schrift, Linien und Zahlen und macht die radikalen Musikmomente auf ganz neue Art erfahrbar.
Der Mensch, Mythos und Kult Stockhausens wird in diesem Comicband auf eine Art gezeigt, wie nie zuvor.
Bleibt nur zu hoffen, dass der sehnsüchtig erwartete Nachfolgeband schneller von der Hand geht…